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Nachhaltigkeitszertifizierung von Biomasse

Fragen und Antworten rund um die Selbsterklärung für landwirtschaftliche Erzeuger

Hrsg.: Deutscher Bauernverband Juni 2010 (2. Auflage)

Warum muss Biomasse zertifiziert werden?

Die neue EU-Richtlinie zur Förderung von Erneuerbaren Energien verlangt für Biokraftstoffe und für flüssige Biomasse (Pflanzenöl) einen Herkunftsnachweis, wenn dafür eine staatliche Förderung in Anspruch genommen wird, zum Beispiel über Steuervergünstigungen, staatlich gesetzte Vergütungen wie beim Erneuerbare Energien Gesetz oder zur Erfüllung von Biokraftstoff-Quoten.

Dies gilt sowohl für Ware aus europäischem Anbau als auch für Importe von außerhalb der EU, zum Beispiel für Bioethanol aus Brasilien oder Palmöl aus Malaysia. Die neuen EU-Vorgaben sind damit auch als Ergebnis der «Teller-oder-Tank» Debatte zu sehen.

Politische Probleme mit Agrarimporten aus Übersee führen zu neuen Kontrollsystemen auch für die hiesige Landwirtschaft. Die Zertifizierungsvorgaben der EU gelten nur für Biomasse zur Verwendung als Biokraftstoff, in Blockheizkraftwerken (Pflanzenöl-BHKW) oder als flüssiger Brennstoff für Heizzwecke. Damit sind in der Landwirtschaft zunächst alle Kulturen betroffen, die zu Biokraftstoffen und zu Pflanzenöl für Blockheizkraftwerke verarbeitet werden, also vor allem Raps für Biodiesel und Pflanzenöl bzw. Getreide/Zuckerrüben für Bioethanol. Einsatzstoffe für Biogasanlagen sind nicht von den EU-Vorgaben für eine Nachhaltigkeitszertifizierung betroffen, außer das Biogas wird als Kraftstoff genutzt. Auch für Lebens- und Futtermittel gibt es keine solchen Vorgaben.

Welche Zertifizierungssysteme gibt es?

ISCC ist als Zertifizierungssystem für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsverordnungen vorläufig anerkannt worden. ISCC-Zertifizierungen finden bereits bei Erfassungs- und Verarbeitungsbetrieben in Deutschland und europäischen Nachbarländern, aber auch in Übersee statt.

Daneben haben die führenden Verbände der deutschen Agrar- und Biokraftstoffwirtschaft das Zertifizierungssystem REDcert gegründet. Die vorläufige Zulassung wurde im Juni 2010 erteilt. Der Schwerpunkt soll zunächst auf deutscher und europäischer Biomasse liegen. Der Deutsche Bauernverband wirkt an dieser Initiative mit, um eine 1:1 Umsetzung der europäischen Vorgaben in die Praxis zu erreichen.

Die Ausgestaltung der Anforderungen für die Nachhaltigkeitszertifizierung muss nach Auffassung des DBV stets unter aktiver Beteiligung der Landwirtschaft erfolgen. Die konkreten Zertifizierungen in den Unternehmen der Agrarwirtschaft werden von beauftragten Zertifizierungsstellen durchgeführt. Für landwirtschaftliche Erzeuger soll bei ISCC und bei REDcert eine einfache Selbsterklärung ausreichen.

Welche Unternehmen müssen zertifiziert werden?
Die Zertifizierung beginnt beim Ersterfasser, also vor allem Landhandelsunternehmen und Raiffeisen-Warengenossenschaften. Die Unternehmen der weiteren Verarbeitungsstufen (z.B. Ölmühle) bis zum Biokraftstoffhersteller müssen sich ebenfalls zertifzieren lassen. Wird zum Beispiel Pflanzenöl einem BHKW-Betreiber geliefert, so unterliegt auch der Lieferant der Zertifizierungspflicht.
Müssen sich auch die landwirtschaftlichen Betriebe zertifizieren lassen?
Nein, landwirtschaftliche Erzeuger müssen sich nicht zertifizieren lassen. Es soll aber ein Herkunftsnachweis über die erzeugte Biomasse erfolgen. In der EU unterliegen die Landwirte bereits Cross Compliance. In Deutschland genügt die Abgabe einer einfachen Selbsterklärung (PDF-Datei) gegenüber dem Landhandel.
Welche Auskünfte sind in der Selbsterklärung vorgesehen?
Der Landwirt soll Angaben zu drei Bereichen machen:
  • Erstens darf die Biomasse nicht von so genannten "schützenswerten Flächen" stammen. Als Stichtag gilt der 1. Januar 2008.
  • Zweitens soll der Landwirt bestätigen, dass er als Empfänger von Direktzahlungen dem Kontrollsystem von Cross Compliance unterliegt.
  • Drittens sind Angaben zu den Treibhausgasen zu machen, wobei in der Regel Standardwerte verwendet werden.
Was bedeutet der Stichtag 1. Januar 2008 genau?
Veränderungen in der Flächennutzung vor 2008 (z.B. Grünlandumbruch, Moorkultivierung, Abholzung von Regenwäldern in Übersee) werden in der Betrachtung "schützenswerter Flächen" völlig außen vor gelassen. Damit haben alle Ackerflächen, die am 1. Januar 2008 Ackerflächen waren, Bestandsschutz. Auch Biomasse von Wechselgrünlandflächen (Stand 1.1.2008) ist unproblematisch, weil diese Flächen als Ackerland eingestuft werden.
Was sind "schützenswerte Flächen"?

Wenn der Landwirt in der Selbsterklärung bestätigen kann, dass seine Ackerflächen bereits am 1.1.2008 Ackerflächen waren, ist damit die Prüfung der "schützenswerten Flächen" nach der komplizierten Definition der EU-Richtlinie für erneuerbare Energien (PDF-Datei) bereits in den meisten Fällen abgeschlossen.

Nur wenn die Flächen in Schutzgebieten nach dem Naturschutzgesetz liegen und wenn durch Bewirtschaftungsauflagen ein örtliches Anbauverbot (z.B. kein Rapsanbau) besteht, ist die dort erzeugte Erntemenge nicht als "nachhaltig" im Sinne der EU-Richtlinie anzusehen. Diese Fälle sind in Deutschland relativ selten.

Im Übrigen hält der DBV den von der BLE genannten Umfang der Schutzgebiete bis hin zu Landschaftsschutzgebieten etc. für weit überzogen. Laut EU-Richtlinie für Erneuerbare Energien wäre eine Beschränkung auf europäische Schutzgebiete (Natura 2000) möglich. Der DBV fordert hier eine Änderung, auch um einen unverhältnismäßigen Kontrollaufwand einzudämmen.

In welchen Fällen sind Grünlandflächen "schützenswerte Flächen"?
Für Biomasse von heutigen Dauergrünlandflächen wurde noch keine endgültige Regelung getroffen. Es werden Definitionen der EU-Kommission abgewartet.
Was gilt, wenn die Fläche 2008 noch Dauergrünland war?

Hierzu gibt es noch keine endgültige Regelung. Stammt die Biomasse von Ackerflächen, die seit dem 1.1.2008 von Dauergrünland umgebrochen wurden, so kann diese weiterhin als nachhaltig erzeugt angesehen werden, außer es liegen Anhaltspunkte vor, dass es sich um Grünland mit hoher biologischer Vielfalt handelte (siehe hierzu Seiten 20 und 36 des BLE-Leitfadens Nachhaltige Biomasseherstellung (PDF-Datei, 2,2 MB).

Zur Definition der Flächen mit "hoher biologischer Vielfalt" muss die EU-Kommission noch weitere Regelungen vorlegen. Die Umwandlung der Fläche muss dokumentiert werden. Der Landwirt muss daneben die anderen gesetzlichen Regelungen zum Grünlanderhalt laut Naturschutzgesetz und Cross Compliance beachten.

Umfasst die Selbsterklärung die gesamte gelieferte Menge des Betriebes?
Ja, mit der Selbsterklärung kann grundsätzlich die gesamte an ein Landhandelsunternehmen gelieferte Menge erfasst werden – unabhängig von der Kulturart. Eine solche Selbsterklärung gilt dann z.B. faktisch auch für denjenigen Raps, der gar nicht zu Biodiesel, sondern zu Futter- und Nahrungsmitteln verarbeitet wird. Landwirt und Landhandel können aber auch vereinbaren, die Selbsterklärung gesondert für jeden Liefervertrag abzugeben bzw. Einschränkungen auf bestimmte Kulturarten vorzunehmen.
Ab wann gilt die Nachhaltigkeitszertifizierung?

Der Bund will das Inkrafttreten vom 1. Juli 2010 auf 1. Januar 2011 verschieben, dann muss z.B. der Mineralölhändler gegenüber dem Hauptzollamt einen Nachhaltigkeitsnachweis für Biokraftstoffe vorlegen.

Ein konkreter Nachweis der Herkunft der Biomasse mittels Selbsterklärung des Landwirtes ist für Erntegut ab 2010 erforderlich. Für Biomasse aus der Ernte 2009 gilt eine Übergangsregelung. Demnach gilt die Biomasse als nachhaltig erzeugt, wenn das Erntejahr 2009 bestätigt wird.

Gibt es eine rechtliche Pflicht der Landwirte, die Selbsterklärung abzugeben?
Nein, die Selbsterklärung ist freiwillig. Wenn aber der Landwirt zum Beispiel für seinen gelieferten Raps keine Selbsterklärung abgibt, können der Landhandel und die Ölmühlen die entsprechende Menge nicht mehr beispielsweise zur Herstellung von Biodiesel verwenden.
Muss der Landwirt für jeden gelieferten Hänger Raps eine einzelne Selbsterklärung abgeben?
Nein, der Landwirt kann die Selbsterklärung einmalig bzw. jährlich gegenüber den Landhandelsunternehmen abgeben. Die Details, insbesondere wann diese abgegeben werden soll, sind individuell zwischen Landwirt und Landhandel zu vereinbaren.
Muss der Landwirt die Selbsterklärung unbedingt als gesondertes Formular abgeben oder genügt auch eine Klausel im Liefervertrag bzw. in den Lieferbedingungen?

Es ist zu empfehlen, die hier erläuterte Selbsterklärung zu verwenden. Es kann hingegen nicht empfohlen werden, ungeprüft vergleichbare Erklärungen bzw. Verpflichtungen in Lieferverträgen oder Lieferbedingungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen der abnehmenden Hand zu unterzeichnen. Diese können möglicherweise über die Selbsterklärung hinausgehende vertragliche Konsequenzen bewirken.

Insbesondere sollte der Landwirt darauf achten, dass entsprechende Formulierungen keine Garantiezusagen oder Zusicherungen enthalten, die verschuldensunabhängige Haftungsrisiken begründen könnten.

Was passiert, wenn sich die Selbsterklärung des Landwirtes im Nachhinein als fehlerhaft erweist?

Eine fehlerhafte Selbsterklärung führt im Nachhinein nicht zur nachträglichen Ausbuchung der Biomasse aus dem Massebilanzsystem (Erntemengenerfassung durch den Ersterfasser) und damit nicht zu einer Rückabwicklung (z.B. Aberkennung der Biokraftstoff-Quote). Direkte Sanktionen des Zertifizierungssystems gegen den Landwirt sind nicht möglich.

Der Ersterfasser muss aber im Rahmen eines Risikomanagements Maßnahmen ergreifen, um solche Fehler künftig zu vermeiden. Dies könnte dazu führen, dass es für den Landwirt in den Folgejahren schwieriger wird, seine Ernte mit einer Selbsterklärung als "nachhaltig" zu verkaufen. Da alle Ackerflächen mit Stichtag 1.1.2008 Bestandsschutz genießen, ist in der Praxis in Deutschland kaum mit Verstößen zu rechnen.

Welche Kosten kommen auf den Landwirt zu?
Direkte Kosten für den Landwirt entstehen nicht, denn er geht weder gegenüber dem Landhandel noch gegenüber den Zertifizierungsstellen entsprechende vertragliche Verpflichtungen ein.
Kann der Landhandel die Annahme verweigern, wenn der Landwirt keine Selbsterklärung abgibt?
Bei bestehenden Kontrakten nicht, dafür besteht keine rechtliche Grundlage. Die Ware ist weiter als Nahrungs- und Futtermittel vermarktbar. Für künftige Lieferverträge wird es "Verhandlungssache" zwischen Landwirt und Landhandel sein, ob eine Selbsterklärung dazugehören soll oder nicht.
Gelten die gleichen Vorgaben, wenn ich nicht über einen Ersterfasser liefere, sondern direkt an das verarbeitende Unternehmen (Ölmühle)?
Ja, in diesem Falle gelten die gleichen Bedingungen. Das verarbeitende Unternehmen gilt als Ersterfasser.
Mehrere Landwirte haben eine gemeinsame Vermarktungsorganisation gegründet, die den Verkauf der Ware zentral übernimmt. Gilt sie als Ersterfasser?
Wird die Ware in einem Lager der Vermarktungsorganisation physisch erfasst, dann gilt sie als Ersterfasser im Sinne der Nachhaltigkeitszertifizierung.
Wann muss die Selbsterklärung beigebracht werden, spätestens bei Anlieferung der Ware oder erst bei Eigentumsübertritt (Stichwort Lagermodelle)?
Diese Frage ist individuell zwischen Ersterfasser und Landwirt zu vereinbaren.
Sind mit der Selbsterklärung weitere Bewirtschaftungsauflagen, z.B. bei Düngung und Pflanzenschutz, verknüpft?
Nein, mit der Selbsterklärung sind keine weiteren Vorgaben verbunden. Es handelt sich nicht um einen Vertragsanbau.
Wie sieht die Kontrolle auf landwirtschaftlichen Betrieben aus?

Landwirtschaftliche Erzeugerbetriebe müssen nicht zertifiziert werden. Es finden daher vom Grundsatz her keine Audits bzw. Kontrollen auf landwirtschaftlichen Betrieben statt, dies ist durch Cross Compliance bzw. das Flächenverzeichnis abgedeckt.

Einzige Ausnahme ist die Prüfung der "schützenswerten Flächen". Weil diese Vorgabe über Cross Compliance hinausgeht, sind die Zertifizierungsstellen verpflichtet, in mindestens 3 Prozent der Erzeugerbetriebe zu prüfen, ob gegebenenfalls Schutzgebietsauflagen beim Anbau von Biomasse bestehen. Diese Prüfungen werden von privaten Zertifizierungsstellen im Auftrag der Ersterfasser zusätzlich zu den staatlichen Cross Compliance Kontrollen bzw. InVeKoS-Kontrollen durchgeführt.

Der DBV setzt sich auf europäischer und nationaler Ebene weiter politisch dafür ein, dass diese Doppelung staatlicher und privater Kontrollen aufgehoben wird.

Welche Auswirkungen hat eine etwaige Sanktion bei Cross Compliance?
Sanktionen aus Cross Compliance haben keine Folgewirkungen auf die Anerkennung als nachhaltig erzeugte Biomasse. Die Selbsterklärung bleibt gültig.

Erläuterungen zu den einzelnen Nummern der Selbsterklärung